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- Datum 06 Jun 2018
- Arzt/Fusszentrum PD Dr. med. Jürgen Götz - MedArtes
- Kategorien Leistungen
Fuß und Sprunggelenk bilden eine wichtige Funktionseinheit beim Stehen, Gehen und Laufen. Die komplexe Architektur dieser Region ermöglicht es, uns überhaupt aktiv zu bewegen und schützt gleichzeitig durch unterschiedliche Mechanismen den Körper vor Überbelastung. Die knöcherne Anatomie des Fußes weist eine Doppelgewölbestruktur (Längs- und Quergewölbe) auf. Durch Gelenkkapseln, Bänder und Sehnen wird das Fußlängs- und Quergewölbe stabilisiert.
Die in diesem Zusammenhang wichtige Funktionseinheit besteht aus Wadenmuskulatur/Achillessehne, Fersenbein und Plantarfaszie. Ein zentraler Eckpfeiler bildet hierbei das Fersenbein als Dreh- und Angelpunkt der Fortbewegung. Hier setzt die kräftigste Sehne des Unterschenkels an – die Achillessehne. Kontrahiert sich die Wadenmuskulatur gibt die Achillessehne diese Kraft weiter und bewirkt das kraftvolle Abdrücken des Fußes vom Boden. Sie können dies nachvollziehen, wenn Sie sich auf die Zehenspitzen stellen. Dabei werden Sie auch merken, dass sich die Fußsohle beim Zehenspitzenstand quasi verriegelt. Hierfür hauptverantwortlich ist eine Sehnenplatte, die sich fußsohlenseitig vom Fersenbein bis zum Vorfuß erstreckt. Diese Sehnenplatte heißt Plantarfaszie (auch die Bezeichnung Plantaraponeurose ist üblich).
Sie wissen nun bereits, dass die Plantarfaszie am Fersenbein entspringt. Sie verläuft fächerförmig fußsohlenseitig und strahlt in Gelenkkapseln der Zehengrundgelenke ein. Im unbelasteten Zustand ist die Plantarfaszie entspannt. Auch das können Sie einfach und praktisch nachvollziehen. Legen Sie im Sitzen einen Unterschenkel auf das Knie der Gegenseite ab und betasten Sie im Bereich des Mittelfußes die Fußsohle, Sie werden eine weiche Fußsohlenregion vorfinden. Strecken Sie nun mit einer Hand die Großzehe maximal nach oben und tasten mit der anderen Hand nochmals – jetzt sollten Sie einen Strang verspüren, der vom Fersenbein nach vorne zieht. Sie sehen – die funktionelle Einheit hat sich erweitert: Sie besteht jetzt aus Wadenmuskulatur/Achillessehne, Fersenbein, Plantarfaszie und Zehengelenke.
Der menschliche Körper ist in der Lage enorme Belastung zu tolerieren. Beim Laufen entstehen pro Schritt Belastungskräfte auf das Sprunggelenk, die dem 6fachen des Körpergewichts entsprechen. Der Körper ist in der Lage, kleinere Verletzungen zu regenerieren. Treten jedoch chronische Schädigungen auf oder sind die akuten Überlastungen zu heftig, sind die Reparaturmechanismen des menschlichen Körpers überfordert. Eine Schwachstelle bildet hier das Sehnengewebe, das aufgrund von Alterungsvorgängen seine Elastizität verliert und das schlechteste Heilungspotenzial aufweist. „Loco typico“ nennt man es in der Fachsprache, wenn die Sehnen an typischen Stellen krankhafte Prozesse aufweisen, die einer Überlastung geschuldet sind. Diese typischen Stellen existieren sowohl an der Achillessehne als auch an der Plantarfaszie. Letztere ist vor allem unmittelbar an der Region gefährdet, wo die Faszie in das Fersenbein einstrahlt. Verstärkt wird dieser Prozess, wenn zusätzlich ein Knicksenk-Fuß besteht oder wenn die Achillessehne verkürzt ist. Beides sind Faktoren, die sich negativ auf die Überlastung der Plantarfaszie auswirken und bei der Therapie mit berücksichtigt werden müssen.
Der Name Fersensporn hat sich unauslöschlich in der Umgangssprache verankert. Dabei ist diese Bezeichnung in nicht wenigen Fällen irreführend. Als (plantaren) Fersensporn bezeichnet man eine knöcherne Ausziehung, die sich fußsohlenseitig vom Fersenbeinknochen Richtung Plantarfaszie erstreckt.
Dieser Knochensporn lässt sich im Röntgenbild gut darstellen und wird oft als die Wurzel allen Übels dargestellt. Leider ist es nicht so einfach. Die Reizung und Entzündung der Plantarfaszie ist die Ursache für die Beschwerden und führt aufgrund des entzündlichen Prozesses zu Schwellung und lokalem Schmerz. Die im Rahmen des Entzündungsgeschehens und der gleichzeitig stattfindenden Reparationsprozesse einsetzende Verkalkung und damit Bildung des Knochensporns ist somit nicht das unmittelbare Korrelat des Fersensporns. Das bedeutet einerseits, dass nicht jeder im Röntgen zufällig entdeckte Fersensporn eine klinische Relevanz hat, andererseits, dass auch bei Fehlen des Knochensporns im Röntgen ein Entzündungsprozess der Plantarfaszie bei Fersenschmerzen nicht ausgeschlossen werden kann. Die treffendere Bezeichnung der Entzündung der Plantarfaszie wäre somit die „Plantarfasziitis“.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es neben dem fußsohlenseitigen Fersensporn (plantarer Fersensporn) auch einen Fersensporn gibt, der durch Kalkablagerungen in der Achillessehne entsteht und der die Bezeichnung „dorsaler Fersensporn“ trägt.
Die Schmerzen und Reizung des Sehnengewebes werden durch stärkere Belastung hervorgerufen. Die Beschwerden sind in der Regel anfänglich belastungsabhängig und treten nur bei starker Beanspruchung des Fußes auf. Im weiteren Verlauf können sie jedoch auch bei Alltagsbelastung vorhanden sein. Typisch ist der oft geschilderte morgendliche Anlaufschmerz.
Wichtig ist die klinische Untersuchung in Zusammenschau mit der Entwicklung des Beschwerdebildes. In unklaren Fällen kann ein Röntgenbild gemacht werden. Es dient jedoch eher dem Ausschluss anderer Krankheitsbilder, da wie bereits geschildert, weder die Präsenz noch die Abwesenheit eines Knochensporns im Röntgenbild beweisend für das Vorliegen einer Plantarfasziitis ist. Sollte der Verdacht auf eine Ruptur der Plantarfaszie (Riss) bestehen, kann dies durch ein MRT bestätigt werden.
Die Plantarfasziitis ist eine Domäne der konservativen Orthopädie. Eine Operation darf nur dann durchgeführt werden, wenn eine mehrmonatige konsequent durchgeführte konservative Therapie keinen Behandlungserfolg verzeichnen kann.
Bei der konservativen Therapie besteht ein Stufenplan.
- Erster Schritt sind Dehnungsübungen der Plantarfaszie und der evtl. verkürzten Achillessehne. Dies beinhaltet auch die Durchführung einer Querfriktion der Plantarfaszie: Wie oben geschildert, wird die Plantarfaszie durch Hochheben der Großzehe angespannt. Mit der anderen Hand wird nun quer zur Sehnenverlaufsrichtung tief in die Sehnenplatte einmassiert, um damit das Sehnengewebe zu lockern und Spannung aus der Sehne zu nehmen. Der im Rahmen dieser Querfriktion aufgewendete Druck sollte bis zur Erreichung der Schmerzgrenze ausgeschöpft werden. Die Therapie sollte 3-4 mal täglich für 5-10 Minuten durchgeführt werden.
- Verwendung eines Igelballs oder einer Faszienrolle
Da diese Übungen eher am hängenden Bein durchgeführt wird und die Plantarfaszie deshalb nicht angespannt ist, haben diese Methoden keinen dehnenden Charakter sonders sind eher eine die Propriozeption unterstützende Maßnahme
- Einlagenversorgung
Durch Einlagen ist es möglich, dass der Bereich, in dem die entzündete Plantarfaszie in das Fersenbein einstrahlt, weichgebettet oder freigelegt wird. Damit kann sich die Entzündungssituation wieder entspannen. Beim Kauf der Einlagen ist darauf zu achten, dass die individuelle Lokalisation der Weichbettung entsprechend der individuellen Anatomie Berücksichtigung findet. Bei vorhandenem Knick-Senkfuß muss die Einlage diese Fußfehlstatik ebenfalls zu korrigieren versuchen.
- Stoßwellenbehandlung
Sollten die bisher genannten Therapiemaßnahmen keinen Erfolg bringen, ist eine Stoßwellenbehandlung indiziert. Durch Anwendung einer energiereichen Ultraschallwelle kann der Heilungsprozess wieder angeregt werden.
- Einnahme von nichtsteroidalen Analgetika
Begleitend zu den bisher genannten Therapiemaßnahmen kann medikamentös der Schmerz und die Entzündung durch entsprechende Medikamente verbessert werden (z.B. Ibuprofen, Diclofenac, etc.) - Kortisoninjektion
diese Maßnahme sollte Patienten vorbehalten sein, die mit der Schmerzsymptomatik nach Einleitung anderer konservativer Maßnahmen nicht zurechtkommen. Die Gefahr der Kortisoneinspritzung besteht in dem Risiko der sog. Fettgewebsnekrose: Durch Kortison kann ein lokaler Einschmelzungsprozess der Fettgewebes eintreten, das zu dauerhaften Schädigung und Absterben von lokalem Fettgewebe an der Fußsohle mündet. Diese Nekrose ist irreversibel. Auch das Entstehen einer Ruptur der Plantaraponeurose kann ggf. begünstigt werden. - Gewichtsreduktion
oftmals besteht ein erhöhtes Körpergewicht / Body Mass Index, der sich negativ auf den Heilungsprozess auswirkt. Trotz der schmerzbedingten Bewegungseinschränkung sollte die Gewichtsreduktion bei Übergewichtigkeit in das Therapiekonzept integriert werden. - Bestrahlung
Eine Methode aus der Strahlenmedizin, mit der Schmerzen und Entzündungen durch Strahlenbehandlung reduziert werden.
Operation
Die Operation sollte der allerletzte Schritt sein, wenn die konservativen Maßnahmen nach ausreichender Dauer keinen Therapieerfolg gezeigt haben. Über einen kleinen Hautschnitt wird die Plantarfaszie eingekerbt und somit eine Entlastung der Sehne in dem Areal durchgeführt, mit dem sie in den Knochen einstrahlt. Gleichzeitig kann ein zur Fußaußenseite ziehender Nervenast freigelegt und entlastet werden. Eine Teilbelastung von 1 bis 2 Wochen schließt sich an die Operation an.
Fersensporn / Plantarfasziitis kann jeden treffen
Wichtig ist die konsequente Durchführung der konservativen Maßnahmen sowie Geduld durch den Patienten
Die operative Therapie ist bei Beschwerdepersistenz trotz ausreichender konservativer Therapie möglich
Der Fuß ist eines der komplexesten Konstrukte des menschlichen Körpers. Das Fußskelett setzt sich aus 26 Knochen und 2 Sesambeinen zusammen, die miteinander 33 Gelenke bilden. 107 Bänder sichern passiv die Stabilität des Fußes, dessen Konstruktionsprinzip ein charakteristisches Doppelgewölbe ist.
Aber auch der Muskulatur kommt eine entscheidende Rolle zu. Neben ihrer allgemein bekannten Funktion, Bewegungen des menschlichen Körpers durchzuführen, hat die Muskulatur im Bereich des Fußes die wichtige Aufgabe eines aktiven Stabilisators. Nur das perfekte Zusammenspiel von passiven (Kapsel, Bänder) und aktiven (Muskeln) Strukturen ermöglicht die Bewältigung des Beanspruchungsprofils des Fußes beim täglichen Stehen, Gehen und Laufen. Welchen Belastungen der Fuß ausgesetzt ist kann man daran erkennen, dass der durchschnittliche Mensch in seinem Leben eine kumulative Gehstrecke von 128.000 km zurücklegt.
Der Aufbau des Fußes wird in 3 Regionen gegliedert: Rückfuß, Mittelfuß und Vorfuß. Der Vorfuß besteht aus 5 Strahlen, die sich jeweils aus Mittelfußknochen (Metatarsalia) und den Zehen zusammensetzen, die ihrerseits wieder aus Grund-, Mittel- und Endglied bestehen. Lediglich beim Großzehe (Hallux) fehlt das Mittelglied. Der Rückfuß umfasst das obere und das untere Sprunggelenk. Im Verlauf der kurzen Großzehenbeugersehne sind 2 Sesambeine (Ossa sesamoidea) integriert, die mit dem Mittelfußknochen des 1. Strahls gelenkig in Verbindung stehen. Teilweise finden sich Sesambeine auch unter anderen Mittelfußknochen. Sie sind hier jedoch als akzessorische Knochen, d.h. anatomische Varianten, zu werten, die keinen krankhaften Befund darstellen.
Der Mittelfuß besteht aus Kahnbein (Os naviculare), das Würfelbein (Os cuboideum) und die drei Keilbeine (Os cuneiforme mediale, Os cuneiforme intermedium und Os cuneiforme laterale, auch abgekürzt als Ossa cuneiformia I-III).
Interessante „Fußnoten“
- Das Skelett beider Füße umfasst ein Viertel aller menschlichen Knochen
- Es gibt am Fuß neben den 26 Knochen und 2 Sesambeinen noch sogenannte akzessorische Knochen. Diese Knochen stellen Normvarianten dar und besitzen per se keinen pathologischen/krankhaften Stellenwert. In seltenen Fällen können sie jedoch Ausgangspunkt von Beschwerden sein.
- Während des ersten Lebensjahrs eines Kindes wächst der Fuß sehr schnell und erreicht bereits zu diesem Zeitpunkt fast die Hälfte der Erwachsenengröße. Im Alter von 12 Jahren hat der Fuß bereits 90 Prozent seiner Größe erreicht.
- Ein Paar Füße besitzen ca. 250.000 Schweißdrüsen.
- Die Fußsohle besitzt mehr Schweißdrüsen und sensible Nervenendigungen pro Quadratzentimeter als jede andere Körperregion
- 70% der Bevölkerung besitzt einen ägyptischen Fuß, d.h. die zweite Zehe ist kürzer als die Großzehe. Bei 20 Prozent ist die zweite Zehe länger als die Großzehe. Dies wird als griechischer Fuß bezeichnet. Sind Großzehe und zweite Zehe gleich lang (ca. 10 Prozent der Bevölkerung) spricht man von einem quadratischen Fuß (Pes quadratrus, auch römischer Fuß).
- Das beste Training für den Fuß ist das tägliche Gehen. 8000-10000 Schritte werden in der Literatur als täglicher Durchschnitt angegeben – ein Zielwert, der in der heutigen Zeit wahrscheinlich von den wenigsten erreicht wird.
- Nikotinkonsum ist der größte Verursacher von peripheren Gefäßkrankheiten, die oft zu Schmerzen beim Gehen, Ulzerationen, Infektionen und in ganz schweren Fällen zu Gangrän und drohender Amputation führen.